Der Erdener Prälat 1,5 ha Grand-Cru an der Mosel! „Ein außergewöhnlicher Wein muß aus einer außergewöhnlichen Lage stammen. Keine andere Lage in Deutschland ist offensichtlicher
außergewöhnlich als der Erdener Prälat. Geschützt in der Beuge einer großen Moselschleife, liegt dieser schmale Streifen steiler Weinbergsterrassen zwischen Fluß und riesigen Felsen aus rotem
Schiefer eingezwängt. Die Weine sind reichhaltig und sinnlich. Hinter ihrer Üppigkeit verbirgt sich aber eine gewaltige Struktur , die ihnen großes Alterungspotential verleiht.“
(Stuart Pigott in FAZ 11/01)
Fast wie ein Richebourg
Der Erdener Prälat / Von Stuart Pigott
Wohin man sich auch wendet in der Weinwelt, typischerweise trifft man saubere korrekte Mittelmäßigkeit. Darüber hinaus gilt sowohl in der deutschen als auch in der französischen Weinsprache „typisch“ als Lob. Ein Wein, der auf positive Weise den Charakter des Gebietes zeigt in dem er gewachsen ist. Doch selbst in diesem Sinne gebraucht, wird „typisch“ nur allzu leicht zu einem Korsett, in das Körper aller Formen gezwungen werden. Es ist de häufigste Art der sprachlichen Nivellierung des Weins. Zum Beispiel: Was ist typisch für einen Riesling aus dem Mosel-Saar-Ruwer-Gebiet? Meistens lautet die Antwort, es handle sich um leichte Weißweine mit betonter rassiger Säure und floralem Pfirsich-Bouquet. Darin steckt viel Wahres, aber ist bei weitem nicht die ganze Wahrheit. Auf Rieslinge aus der Spitzenlage „Wehlener Sonnenuhr“ trifft die Beschreibung wesentlich besser zu als auf die Weine aus dutzender anderer Spitzenlagen dieses Gebietes. Die verbreitete Vorstellung von typischen, hochwertigen Mosel-Saar-Ruwer-Rieslingen leitet sich in hohem Maße aus von den großen Weinen aus der Wehlener Sonnenuhr ab.
Ein außergewöhnlicher Wein muß aus einer außergewöhnlichen Weinbergslage stammen, denn woher bezöge er sonst sein einzigartiges Wesen? Keine andere Lage in Deutschland ist offensichtlicher außergewöhnlich als der Erdener Prälat. Geschützt in der Beuge einer der großen Schleifen der Mosel, liegt dieser schmale Streifen steiler Weinbergsterassen zwischen dem Fluß und riesigen Felsen aus rotem Schiefer eingezwängt. Die Reben profitieren hier nicht nur auf direkte Weise von der Sonnenenergie – die Lage ist exakt nach Süden gerichtet-, sondern auch von der Wärme, die die Felsen während des Tages aufnehmen und in der Nacht abstrahlen, und von dem enormen Wasserreservoir des Flusses. Im Frühjahr treiben die Reben im Erdener Prälat früher aus und blühen eher als irgendwo sonst an der Mittelmosel. Die Reife der Trauben setzt früher ein, und in den meisten Jahrgängen stehen die hier gemessenen Reifegrade an der Spitze des gesamten Gebietes.
Der Erdener Prälat hat durch die erstaunlichen Weine von Ernst Loosen in Bernkastel schnell an Ruhm gewonnen. Für Loosen ist der Prälat „der Richbourg der Mosel“. Sein Vergleich mit einer der berühmtesten Grand-Cru-Lagen in Vosne-Romanée (Burgund) trifft zu, so weit hergeholt er auch erscheinen mag. Die Weine aus dem Richebourg sind, wie es der Name andeutet, reichhaltig und sinnlich. Hinter ihrer Üppigkeit verbirgt sich aber eine gewaltige Struktur, die ihnen großes Alterungspotential verleiht. Genau dies ist auch der Stil der Prälat-Weine. Deren Aromen unterscheiden sich natürlich von den Pinot-Noir-Rotweinen des Richbourg. In ihrer Jugend dominiert reife Mango, dazu Anklänge von Bittermandel und Anis. Loosens Prälat-Weine besitzen diesen Charakter in höchstem Maße, zusammen mit einem extremen konzentrierten mineralischen Geschmack.
Der Prälat und seine Weine wären viel bekannter, wenn die erzeugten Mengen nicht so gering wären. Die Gesamtfläche dieser Lage umfasst nur 1,4436 Hektar. Sie gehört zu den kleinsten Deutschlands, obgleich dies gegenüber den ursprünglichen 0,6 Hektar vor gut einem Jahrhundert eine erhebliche Ausdehnung darstellt. Damals „schuf“ die Familie Berres den Prälaten, indem sie den besten Teil ihres Besitzes im Erdener Treppchen auf einen Namen taufte, dessen Klang im wilhelminischen Deutschland garantiert gut ankommen würde.
(Auszug aus einem Artikel in der FAZ vom 26.11.2001)